Ein Jahr nach dem Debütalbum „Aus allen Nähten“ legt die Band Husten mit „Aus einem nachtlangen Jahr“ nach
von Gérard Otremba
Und sie machen doch weiter. Weiß man ja bei sogenannten Supergroups nie so wirklich, ob es sich um ein kurzfristiges Projekt handelt, die Protagonisten bald wieder jeweils ihr eigenes Ding verfolgen, oder das Verständnis untereinander prächtig gedeiht und die Sache so viel Spaß macht, dass man sich zur Fortsetzung entschließt. Offensichtlich trifft Letzteres auf Husten zu, die Gruppe von Gisbert zu Knyphausen, Moses Schneider und Tobias Friedrich, aka Der Dünne Mann. Vom Projekt also hin zu einer richtigen Band, wie Sänger Gisbert zu Knyphausen im Interview mit Sounds & Books bestätigte.
Dystopische Husten-Klänge
Und so nahmen Husten das
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Zweitwerk mit ihren Ergänzungsmusikern Marcus Schneider (Gitarre), Ben Lauber (Schlagzeug) und Arne Augustin (Keyboard) überwiegend live im Studio auf, ohne so viel Überarbeitung wie es noch beim letztes Jahr veröffentlichten Debüt „Aus allen Nähten“ der Fall war. Die gewachsene Bandchemie merkt man dem Zusammenspiel auf „Aus einem nachtlangen Jahr“ an. Ein Album, das zunächst mit düster-gewaltigem, fast schon an den Nerven zerrenden Sound in „Bis morgen dann“ beginnt, ein Song, entstanden in Pandemietagen, der dystopisch und apokalyptisch über uns hineinbricht. Auch das postpunkige, das gesellschaftliche Thema der Armut aufgreifende „Elli“, oder „Nüchtern im Club (Nihilistendisko)“ – ein Stück über das Versagen in Klimakrisenzeiten – klingen alles andere als fröhlich.
Vom Dunkel ins Licht
Ähnliches gilt für „Auf der anderen Seite der Angst“, das zwar ein ruhiges Tempo einschlägt, aber eine diffuse Angst mit verhallten Stimmen und verzerrten Gitarren ebenfalls in dunkle Soundsphären verpackt. Auf der anderen Seite steht da aber der vorwärtstreibende, von uns zum Song des Tages gekürte Garagenschrammelrockpop des Vorabtracks „Lass mich bitte nicht in Ruh“. Sukzessive finden Husten auf ihrem neuen Album den Weg aus der Dunkelheit. Spätestens im lässigen „Flamingo Hotel“ wird die Schwermut und Melancholie überwunden, ein sehr kurzer, aber herrlich erfrischender und unbeschwerter Singalong-Song. Feinste Gisbert zu Knyphausen-Sehnsucht folgt dann aber sofort mit „Weiße Tiger“, und dafür liebt man 44-jährigen Songwriter natürlich auch heiß und innig. Am Ende noch prächtiger Indie-Pop-Rock bei „Für immer und ewig“ und fertig ist das zweite vorzügliche Husten-Album.
„Aus einem nachtlangen Jahr“ von Husten erscheint am 29.09.2023 bei Kapitän Platte. (Beitragsbild: Pressefoto)